Sprachmittler im Justizbereich
Eine besondere Form des Sprachmittlers sind Übersetzer und Dolmetscher im Justizbereich. Die offiziellen Bezeichnungen variieren je nach Bundesland - ob ein Übersetzer bzw. Dolmetscher beeidigt, öffentlich bestellt oder allgemein ermächtigt ist, richtet sich nach den länderspezifischen Anforderungen und Rechtsgrundlagen. Neben dem Titel nach abgeschlossenem Studium oder erfolgreicher Prüfung sind auch diese Berufsbezeichnungen rechtlich geschützt.
Übersetzer im Justizbereich übersetzen fremdsprachliche Urkunden, Gerichtsdokumente, Verträge etc. für Beweiszwecke vor Gericht, bei der Polizei, für Notare, für den Zoll, für Standesämter und Staatsanwaltschaften. Der Begriff Urkundenübersetzer ist nur ein Teilgebiet eines viel breiter gefächerten Tätigkeitsprofils, zu dem nicht nur das Übersetzen von Urkunden gehört.
Vor Behörden und Ämtern muss eine Übersetzung auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bescheinigt werden. Die „Beglaubigung“ hat z.B. folgenden Wortlaut: „Die Richtigkeit und Vollständigkeit vorstehender Übersetzung aus der … Sprache wird bescheinigt“ oder „Beglaubigte Übersetzung aus der … Sprache“. Ort, Datum, Unterschrift und Stempel mit der Aufschrift (in NRW) „Durch die Präsidentin oder den Präsidenten des Oberlandesgerichtes (Ort) ermächtigte Übersetzerin oder ermächtigter Übersetzer für die … Sprache.“ und kann nur durch einen je nach Landesrecht ermächtigten oder öffentlich bestellten Übersetzer erfolgen.
Bei Vorlage von Übersetzungen von Dokumenten im Ausland muss von deutschen Behörden eine Apostille ausgestellt werden. Eine Übersetzung ist keine öffentliche Urkunde. Die Beglaubigung durch den Übersetzer bestätigt nur die inhaltliche Richtigkeit und Vollständigkeit, erst die Apostille bestätigt die Echtheit der beglaubigten Übersetzung. Bei der Haager Apostille handelt es sich um ein vereinfachtes Verfahren der Echtheitsbestätigung, bei der die Legislation durch die entsprechende Botschaft entfällt. Für Nicht-Mitgliedsstaaten des sogenannten Haager Übereinkommens, kann die Echtheit nur durch die jeweilige diplomatische oder konsularische Vertretung bestätigt werden.
Für Dolmetschdienste vor Gericht und bei Behörden muss ein Dolmetscher beeidigt sein. Er bezeugt dadurch eine treue und gewissenhafte Übertragung des gesprochenen Inhalts.
Der Gerichtsdolmetscher muss normalerweise als einziger Verfahrensbeteiligter einen Voreid leisten, der vor jeder Hauptverhandlung durchzuführen ist und wodurch der Dolmetscher eine treue und gewissenhafte Übertragung bestätigt. Damit diese Prozedur bei regelmäßigen Einsätzen des Dolmetschers nicht bei jeder Verhandlung neu wiederholt werden muss, haben die jeweiligen Bundesländer entsprechend ihrer Rechtsgrundlage die Möglichkeit, ein Verfahren zur allgemeinen Beeidigung in die Wege zu leiten, die für eine unbestimmte Anzahl an Verfahren Gültigkeit besitzt. Diese öffentlich bestellten und beeidigten Dolmetscher werden bei der Hauptverhandlung dann nur noch auf den allgemein geleisteten Eid berufen. Bei der Polizei oder bei Verwaltungsbehörden ist eine Vereidigung nicht vorgesehen.
Unter www.gerichts-dolmetscher.de gibt es eine zentrale Liste aller beeidigten Gerichtsdolmetscher aller Bundesländer. Ein weiteres Verzeichnis führt der Präsident des jeweiligen Oberlandesgerichtes.
„Gesetz über Dolmetscher und Übersetzer sowie zur Aufbewahrung von Schriftgut in der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen“ vom 29. Januar 2008
Jedes Bundesland hat seine eigenen Bestimmungen für die Beeidigung von Sprachmittlern. Im Internet sind unter www.gerichts-dolmetscher.de die jeweiligen Rechtsbehelfe zu finden. Im Folgenden werden Inhalte der Paragraphen §33 bis §43 aus dem Gesetz über die Justiz im Land Nordrhein-Westfalen zusammengefasst:
Übersetzer und Dolmetscher werden bei Vorliegen aller erforderlichen Voraussetzungen beim jeweiligen für den Wohnsitz zuständigen Landgericht des Wohnsitzes durch den (Vize)Präsidenten allgemein vereidigt. In Nordrhein-Westfalen gibt es drei Oberlandesgerichte (OLG) - Düsseldorf, Hamm, Köln - und neunzehn Landesgerichte (LG), die für die Beeidigung von Sprachmittlern zuständig sind. Der Bereich des LG Dortmund ist dem OLG Hamm zugeordnet. Das Landgericht Dortmund fungiert als Vorprüfstelle für die Anträge auf Aufnahme in die Liste der Dolmetscher und Übersetzer, die Entscheidung über die Aufnahme in die Liste trifft der Präsident des OLG Hamm - zuständig dafür ist das Dezernat 4. Das OLG Hamm führt zusammen mit den beiden anderen OLGs das Verzeichnis der allgemein beeidigten Dolmetscher und ermächtigten Übersetzer in Nordrhein-Westfalen, das auch im Internet unter www.dolmetscher-uebersetzer.nrw.de einzusehen ist.
Damit Sprachmittler vor dem OLG beeidigt werden können, müssen sie sowohl fachlich als auch persönlich dafür geeignet sein.
Zum einen werden profunde Sprachkenntnisse in der Ausgangs- und Zielsprache vorausgesetzt. Ein Sprachmittler sollte die Fremdsprache mühelos verstehen, sich spontan, sehr flüssig und genau ausdrücken und feine Bedeutungsnuancen bei komplexen Sachverhalten erkennen können. Außerdem ist eine sichere Beherrschung der (muttersprachlichen) Rechtssprache wichtig.
Zum anderen darf ein Sprachmittler in den letzten fünf Jahren nicht rechtskräftig verurteilt worden sein, geordnete Vermögensverhältnisse aufweisen und jederzeit bereit sein, seine Arbeitskraft den Gerichten und Staatsanwaltschaften in NRW zur Verfügung zu stellen und nur unter Angabe von guten Gründen einen Auftrag abzulehnen.
Die Beeidigung von Dolmetschern und Übersetzern kostet in NRW 120€, für jede weitere Sprache kommen jeweils 30€ dazu. Die Verlängerung einer Beeidigung bzw. Ermächtigung kostet 60€, für jede weitere Sprache werden jeweils 15€ zusätzlich erhoben.
In NRW werden Dolmetscher allgemein beeidigt, die Bezeichnung lautet „Allgemein beeidigter Dolmetscher für (Sprache/n)“. Auch Sprachmittler der Gebärdensprache, der Blindenschrift, der Lormen und des Fingeralphabets können beeidigt werden. Sie sind zur Geheimhaltung verpflichtet und müssen das Steuergeheimnis wahren.
Übersetzer werden ermächtigt, die offizielle Bezeichnung lautet „Durch die Präsidentin oder den Präsident des Oberlandesgerichts (Ort) ermächtigte Übersetzerin/ oder ermächtigter Übersetzer für (Sprache/n).“ Die Ermächtigung zum Übersetzer ist auf fünf Jahre befristet. Eine Verlängerung ist möglich. Die Ermächtigung erlischt automatisch, wenn die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt werden oder wiederholt fehlerhafte Sprachübertragungen aufgetreten sind. Sowohl Übersetzer als auch Dolmetscher erhalten eine Bescheinigung über ihre Beeidigung bzw. Ermächtigung.
Weitere offizielle Bezeichnungen für Übersetzer und Dolmetscher in den jeweiligen Bundesländern werden hier/im Anhang 4 aufgelistet. Wenn sich Personen „allgemein beeidigter Dolmetscher“ oder „ermächtigter Übersetzer“ nennen, ohne dazu berechtigt zu sein, wird das in NRW als eine Ordnungswidrigkeit angesehen und mit bis zu 5000€ Bußgeld bestraft.
Im Januar 2007 hat das Bundesverwaltungsgericht ein neues Urteil erlassen. Die Dolmetschergesetze der jeweiligen Bundesländer sollten überarbeitet oder sogar neu geschrieben werden. Grundlage dafür war eine nur teilweise geregelte Rechtsgrundlage, einige Bundesländer hatten nur Verfügungen bzw. Verwaltungsvorschriften aufzuweisen, keine Gesetze. Das Verfahren zur Beeidigung von Dolmetschern und Übersetzern ist als eine Berufsausübungsregel anzusehen und bedarf daher einer gesetzlichen Grundlage.
Die Berufsbezeichnung ist nach wie vor nicht geschützt. Die unterschiedlichen Varianten der Bezeichnung für Sprachmittler im Justizbereich verwirren potentielle Arbeitgeber zusätzlich und bedingen, dass sogenannte „schwarze Schafe“ in dieser Branche nicht selten anzufinden sind. Eine einheitliche Benennung würde Klarheit schaffen. Eine fortschrittliche Neuerung seit 2007 ist die getrennt durchgeführte Beeidigung für Dolmetscher und Übersetzer.
Nicht nur die offiziellen Titel variieren von Bundesland zu Bundesland, auch die Zulassungsvoraussetzungen zum Antrag auf Beeidigung sind unterschiedlich. Lediglich drei Bundesländer fordern Kenntnisse in der Rechtssprache. Auch das Führen eines Stempels ist nicht in jedem Bundesland vorgeschrieben. Ebenfalls uneinheitlich ist die Weiterführung der Beeidigung. In einigen Bundesländern wird sie meist ohne erneute Prüfung verlängert. Die Gültigkeitsdauer eine Beeidigung geht von innerhalb einer festgelegten Frist, nach der die Beeidigung wieder neu zu beantragen ist, bis zu einer unbegrenzten Beeidigung bis auf Widerruf.
Trotz der Überarbeitung einzelner Rechtsvorschriften in den Bundesländern, muss die Übersetzer-/Dolmetscherbranche in Deutschland weiter vereinheitlicht und transparenter gestaltet werden.
Dolmetscher: „Allgemein beeidigter Verhandlungsdolmetscher der … Sprache für die Gerichte des Landes Baden-Württemberg“
Übersetzer: Öffentlich bestellter und beeidigter Urkundenübersetzer der … Sprache für Baden-Württemberg“
Bayern
Dolmetscher: „Öffentlich bestellter und beeidigter Dolmetscher für (Sprache)“
Übersetzer: „Öffentlich bestellter Übersetzer für (Sprache)“
Berlin
Dolmetscher: „Für die Berliner Gerichte und Notare allg. beeidigter Dolmetscher“
Übersetzer: „Für die Berliner Gerichte und Notare ermächtigter Übersetzer“
Brandenburg
Dolmetscher: „Durch den Präsidenten des Landgerichts (Ort) allgemein beeidigter Dolmetscher für die … Sprache“
Übersetzer: „Durch den Präsidenten des Landgerichts (Ort) ermächtigter Übersetzer für die … Sprache“
Bremen
Dolmetscher: „Allgemein beeidigter Dolmetscher der … Sprache für die Gerichte und Notare der Freien Hansestadt Bremen“
Übersetzer: „Ermächtigter Übersetzer der … Sprache für die Gerichte und Notare der Freien Hanselstadt Bremen“
Hamburg
Dolmetscher: „Öffentlich bestellter und allgemein vereidigter Dolmetscher für die … Sprache“
Übersetzer: „Öffentlich bestellter und allgemein vereidigter Übersetzer für die … Sprache“
Hessen
Dolmetscher: „Allgemein vereidigter Dolmetscher der … Sprache für die Gerichte, Notarinnen und Notare im Lande Hessen“
Übersetzer: „Allgemein ermächtigter Übersetzer“
Mecklenburg-Vorpommern
Dolmetscher: „Öffentlich bestellter und allgemein beeidigter Dolmetscher für die … Sprache“
Übersetzer: „Öffentlich bestellter und allgemein beeidigter Übersetzer für die … Sprache“
Niedersachsen
Dolmetscher: „Allgemein beeidigter Dolmetscher für die Gerichte und Notare des Landgerichtsbezirks (Ort)“
Übersetzer: keine eigene Bezeichnung, ein allgemein beeidigter Dolmetscher ist auch ein ermächtigter Übersetzer
Nordrhein-Westfalen
Dolmetscher: „Allgemein beeidigter Dolmetscher für (Sprache)“
Übersetzer: „Durch die Präsidentin oder den Präsidenten des Oberlandesgerichts (Ort) ermächtigter Übersetzer für (Sprache)“
Rheinland-Pfalz
Dolmetscher: „Von der Präsidentin/dem Präsidenten des Oberlandesgerichts (Ort) allgemein beeidigter Dolmetscher der … Sprache für gerichtliche und notarielle Angelegenheiten in Rheinland-Pfalz“
Übersetzer: „Von der Präsidentin/des Präsidenten des Oberlandesgerichts (Ort) ermächtigter Übersetzer der … Sprache für gerichtliche Angelegenheiten in Rheinland-Pfalz“
Saarland
Dolmetscher: „Für die Gerichte des Saarlandes und die saarländischen Notare allgemein vereidigter Dolmetscher“
Übersetzer: „Für die Gerichte des Saarlandes und die saarländischen Notare allgemein vereidigter Übersetzer“
Sachsen
Dolmetscher: „Öffentlich bestellter und allgemein beeidigter Dolmetscher für die …. Sprache“
und „Staatlich geprüfter Dolmetscher für die … Sprache“ und „Staatlich geprüfter Gebärdendolmetscher für die … Sprache“
Übersetzer: „Öffentlich bestellter und allgemein beeidigter Übersetzer für die … Sprache“ und „Staatlich geprüfter Übersetzer für die … Sprache“
Sachsen-Anhalt
Dolmetscher: „Öffentlich bestellter Dolmetscher“ (Sprache) bzw. „Öffentlich bestellter Gebärdendolmetscher“
Übersetzer: „Öffentlich bestellter Übersetzer“ (Sprache)
Schleswig-Holstein
Dolmetscher: „Für die Gerichte und Staatsanwaltschaften des Landes Schleswig-Holstein allgemein beeidigter Dolmetscher für (Sprache)“
Übersetzer: „Für die Gerichte und Staatsanwaltschaften des Landes Schleswig-Holstein ermächtigter Übersetzer für (Sprache)“
Thüringen
Dolmetscher: „Für die Gerichte, Staatsanwaltschaften und Notare durch den Präsidenten des Landgerichts (Ort) allgemein beeidigter Dolmetscher für (Sprache)“
Übersetzer: „Für die Gerichte, Staatsanwaltschaften und Notare durch den Präsidenten des Landgerichts (Ort) allgemein ermächtigter Übersetzer für (Sprache)“